Themen:
- Urteil LG Regenburg vom 31.01.2013 Az.: 1 HK O 1884/12
- Fehlerhaftes oder fehlendes Impressum auf einer Facebook-Seite
- Rechtsmissbräuchliche Massenabmahnungen
- Rechtssicheres Impressum bei Facebook
Das Urteil des LG Regensburg
Das Landgericht Regensburg hat mit Urteil v. 31.1.2013, Az. 1 HK O 1884/12 zugunsten eines sogenannten „Massenabmahners“ entschieden. Ein IT-Systemhaus hatte durch die Kanzlei Hans-Werner-Kallert (HWK) innerhalb von 8 Tagen 181 Abmahnungen an Mitbewerber verschicken lassen. Abgemahnt wurde ein fehlendes Impressum auf einer gewerblich genutzten Facebook-Seite.
Die wichtigsten Ergebnisse des Urteils kurz zusammengefasst:
- Die Facebook-Seiten von Unternehmen fallen unter die Impressumspflicht
- Das Versenden von 181 Abmahnungen innerhalb von 8 Tagen begründet alleine keine Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnungen
- Für die Annahme der Missbräuchlichkeit der Abmahnungen ist eine umfassende Würdigung der Gesamtumstände vorzunehmen. Allein die Anzahl der versendeten Abmahnungen stellt noch kein Indiz für die Missbräuchlichkeit dar.
- Hier lag keine Missbräuchlichkeit der Abmahnungen vor. Das abmahnende Unternehmen konnte nachweisen, dass es die Verstöße gegen die Impressumspflicht durch relativ wenig Zeitaufwand ermittelt hatte. Das LG sprach dem Unternehmen das Recht zu, Abmahnungen in der großen Anzahl versenden zu dürfen. Schließlich habe der Gesetzgeber durch das Wettbewerbsrecht den Gewerbetreibenden die Aufgabe übertragen, selber Wettbewerbsverstöße von Konkurrenten zu ermitteln und hiergegen vorzugehen. Sie dürften daher auch gegen Wettbewerbsverstöße in größerer Zahl entsprechend vorgehen.
Impressumspflicht für Facebook-Seiten bestätigt
Die Abmahnwelle wegen fehlendem oder fehlerhaftem Impressum auf einer Facebook-Seite wurde durch ein Urteil des LG Aschaffenburg (Urteil vom 19. August 2011 · 2 HK O 54/11) ausgelöst. Dieses hatte festgestellt, dass eine zu Marketingzwecken genutzte Facebookseite auch unter die Impressumspflicht nach § 5 TMG fällt.
Leider liefert das neue Urteil des LG Regensburg keine weitere Antwort auf die Frage, wie auf Facebook-Seiten ein Impressum wirksam eingebunden sein muss. Das LG Aschaffenburg hatte hierzu ausgeführt, dass es nicht ausreichend sei, wenn die Pflichtangaben nach § 5 TMG auf der mit „Info“ betitelten, bei Facebook fest vorgesehen Unterseite stünden. Dort erwarte das Publikum nicht zwangsläufig Impressumsangaben.
Wann ist eine Abmahnung missbräuchlich?
Eine der am häufigsten erhobenen Einwände gegen Abmahnungen, die ich von Mandanten höre, ist der, dass die Abmahnung aufgrund der Vielzahl der versendeten Abmahnungen im Auftrag eines Unternehmens doch missbräuchlich sein müsse.
Eine Antwort darauf, wann eine Abmahnung missbräuchlich ist, liefert jetzt das LG Regensburg. Natürlich hat dieses eine Urteil keine Bindungswirkung für andere Gerichte. Aber das LG prüfte nahezu lehrbuchartig die Voraussetzungen durch, die sich mittlerweile weitestgehend als Anzeichen für die Missbräuchlichkeit von Abmahnungen durchgesetzt haben. Fazit des LG Regensburg zu der großen Anzahl an Abmahnungen innerhalb nur weniger Tage: Alleine die Anzahl der Abmahnungen begründe noch keine Missbräuchlichkeit der Abmahnungen. Schließlich habe der Gesetzgeber sich dafür entschieden, die Aufgabe, gegen Wettbewerbsverstöße vorzugehen, auf die Gewerbetreibenden zu übertragen. Es folgte damit der Auffassung des OLG Frankfurt vom 14.12.2006 (Az.: U 129/06), das die selbe Rechtsauffassung vertrat.
Hier die einzelnen Voraussetzungen, anhand derer das LG Regensburg prüfte, ob eine Missbräuchlichkeit der Abmahnungen vorliegt:
1. Steht die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden?
Hiervon ist nach dem LG Regensburg auszugehen, wenn die Tätigkeit des abmahnenden Gewerbetreibenden im Abmahnen besteht und nicht in ihrem angegebenen Betriebsfeld.
Andere Gerichte orientierten sich zur Beantwortung der Frage an den, von dem abmahnenden Unternehmen generierten Jahresumsatz im Verhältnis zu dem Kostenrisiko, dass mit dem Aussprechen der Abmahnungen einhergeht. Hierauf ist das LG Regensburg in seinem Urteil leider nicht eingegangen.
2. Werden überhöhte Abmahngebühren gefordert?
Das LG Regensburg orientierte sich in dem dort vorliegenden Fall an einem Gebührensatz von ca. 200,00 EUR, den ebenfalls abmahnberechtigte Verbände oder Vereine ohne die Einschaltung eines Rechtsanwalts für die von Ihnen direkt ausgesprochenen Abmahnungen erheben.
Generell wird man sich aber an den durchschnittlich angenommenen Streitwerten bezüglich des jeweils abgemahnten Wettbewerbsverstoßes orientieren können und den aus dem Streitwert resultierenden, anfallenden Rechtsanwaltsgebühren pro Abmahnung.
3. Ist die Vertragsstrafe überhöht?
Den Abmahnungen liegt in fast allen Fällen eine bereits vorformulierte, strafbewehrte Unterlassungserklärung bei. Die Unterlassungserklärung wird deshalb als „strafbewehrt“ bezeichnet, weil sich der Abgemahnte mit der Abgabe der Unterlassungserklärung verpflichtet, für den Fall der Wiederholung des abgemahnten Verhaltens eine Vertragsstrafe an den Abmahner zu zahlen. Ist die in der vorformulierten Unterlassungserklärung geforderte Vertragsstrafe der Höhe nach nicht angemessen, stellte dies einen weiteren Hinweis auf eine Missbräuchlichkeit der Abmahnung dar. Generell kann eine Vertragsstrafe von 3.000,00 EUR bis ca. 5.000 EUR als angemessen bezeichnet werden.
4. Ist die Vertragsstrafe verschuldensunabhängig?
Eine Vertragsstrafe soll bei einem Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungserklärung nur dann fällig werden, wenn der Verstoß schuldhaft erfolgte.
Lässt sich der Abmahner in den vorformulierten Unterlassungserklärungen verschuldensunabhängig für den Fall eines Verstoßes eine Vertragsstrafe zusprechen, so bringt er damit unter Umständen zum Ausdruck, dass es ihm vordergründig nur um die spätere Vereinnahmung von Vertragsstrafen geht.
5. Ist die Vertragsstrafe für jeden einzelnen Verstoß unter Wegfall der Figur des sogenannten Fortsetzungszusammenhangs versprochen?
Wird auf eine Abmahnung hin eine Unterlassungserklärung „unter Verzicht auf die Einwände des Fortsetzungszusammenhangs“ abgegeben, muss der Abgemahnte im Fall des Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung, für jeden einzelnen Fall die Vertragsstrafe zahlen. Wäre der Fortsetzungszusammenhang nicht ausgeschlossen, könnten alle Verstöße gegen die Unterlassungserklärung als Handlungseinheit betrachtet werden, und gegebenenfalls die Vertragsstrafe nur einmal gefordert werden.
Für war der „Verzicht auf den Einwand des Fortsetzungszusammenhangs“ sehr häufig in vorformulierten Unterlassungserklärungen zu finden. Dies ist heute nicht mehr so, da sowhol die Rechtsprechung als auch das Gesetz selbst im Fall des Verzichts auf den Einwand des Fortsetzungszusammenhangs eine Begrenzung der fällig werdenden Vertragsstrafen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vornehmen.
Man kann jedoch der Ansicht sein, dass der Versuch einen Verzicht auf diesen Einwand durchzusetzen ebenfalls die Absicht des ABmahners zeigt, eine möglichst hohe Vertragsstrafe herauszuschlagen, falls gegen die Unterlassungserklärung vorstoßen wird. Dies würde zeigen, dass das vorwiegende Interesses des Abmahners nicht in der Beseitigung des Wettbewerbsverstoßes liegt, sondern vielmehr in der Vereinnahmung einer möglichst hohen Vertragsstrafe bei späteren, weiteren Verstößen.
6. Arbeitet der Anwalt in eigener Regie?
Gemeint sind hiermit Fälle, in denen Anwälte eine Firma suchen, die Ihren Namen dafür hergibt, dass durch den Anwalt Abmahnungen in deren Namen ausgesprochen werden können. Außer das die Firma den Anwalt bevollmächtigt hat sie mit der ABmahntätigkeit ncihts zu tun und spürt auch die Verstöße gegen Wettbewerbsrecht wegen derer abgemahnt wird, nicht selber auf, sondern lässt dies den Rechtsanwalt machen.
In solchen Fällen liegt natürlich klar ein Missbrauch vor. Gerade dieser Punkt dürfte aber in vielen Fällen von den Abgemahnten nur schwer zu beweisen sein.
7. Ist die Klägerin ein sogenannter Vielfachabmahner?
Ein sogenannter Vielfachabmahner liegt dann vor, wenn der Abmahnende bei gleicher Rechtslage eine Vielzahl verschiedener Wettbewerber abmahnt. Das Vorliegen dieses Kriteriums rechtfertigt den Schluss auf ein missbräuchliches Verhalten aber alleine nicht. WIe bereits oben erläutert vertreten viele Gerichte die Auffassung, dass der Gesetzgeber die Überwachung der Einhaltung von Wettbewerbsregeln den Unternehmern übertragen hat. Verstoßen viele Unternehmer gegen Wettbewerbsrecht, begründet dies auch das Recht des einzelnen Unternehmers, entsprechend viele Mitbewerber abzumahnen. Dies entspricht dem System, dass der Gesetzgeber durch die Regelungen im Wettbewerbsrecht vorgesehen hat.
8. Abwägung der Gesamtumstände
Abschließend ist anhand der oben genannten Kriterien eine Würdigung der Gesamtumstände vorzunehmen. Dabei treffen die einzelnen Kriterien eine unterschiedlich starke Gewichtung. Insbesondere die Masse an versendeten Abmahnungen hat zum Beispiel kein großes Gewicht für die Frage, ob die Abmahnungen missbräuchlich sind.
Fazit
Es verbleibt dabei, dass es schwierig ist, vor Gericht den Beweis zu führen, dass Abmahnungen missbräuchlich ausgesprochen wurden. Alleine die äußeren Merkmale eines Abmahnschreibens, die auf eine Vielzahl an Abmahnungen hindeuten, erlauben nicht den Schluss auf eine Missbräuchlichkeit der Abmahnungen.
Auch wenn das aktuelle Urteil des LG Regensburg sich mit der Frage nicht näher auseinandersetzt, ist es ein weiteres von bislang noch nicht so zahlreichen Urteilen, dass eine Impressumspflicht für Facebook-Seiten annimmt. Spätestens jetzt sollte daher jeder Unternehmer/jedes Unternehmen, überprüfen, ob auf ihrer Facebookseite ein Impressum vorhanden ist und ob dieses wirksam eingebunden wurde.